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Irgendwie muss man (über)leben
Reviewed in Germany on 26 December 2020
in den ersten Jahren nach dem Krieg. Berlin, die Stadt, besteht nur aus Fassaden, die Häuser sind zerbombt, das sieht man besonders gut aus dem Flugzeug. Das Leben kehrt langsam in die Stadt zurück. Man kann sogar lachen, man sieht wieder die Sonne.
In einem Flugzeug über Berlin sitzt eine amerikanische Delegation, einige Männer und eine Frau kommen um die Moral der Soldaten zu überprüfen. Schreckliche Geschichten haben sie gehört, die Bevölkerung verkauft an die Soldaten die Ware, sie kauft ein, also, der Schwarzmarkt blüht. Schkolade, Nylons, Zigaretten...gegen schöne Wanduhren, man bekommt ein Abendkleid, wenn man genügend Essbares verkauft. Nehmen und geben - ist hier die Devise. Überleben natürlich auch. Nach Jahren der Entbehrung, der Angst die ersten Vorboten einer neuen Welt...nur nicht mit der Schwarzware...die Ordnung muss sein.
Und, dann, oh, schlimm, die Soldaten haben zuhaue ja ihre Frauen, Verlobte, die sie zu vergessen scheinen und lieben nun deutsche Fräulein(s). Man lebt nur einmal, besonders nach einer Katastrophe.
Nach so vielen Jahren wollen die Menschen wieder etwas erleben. So vergnügen sie sich in Bars und Nachtklubs, die Arbeit wird ihnen nicht weglaufen. Die Stadt hat schon eine Gasversorgung, langsam geht es voran. Und, es ist Sommer!
Als die Delegierten am Flughafen ankommen, begrüsst sie eine Militärkappele, die Offiziere bereiten einen "Rundgang" durch die Stadt, man will die Fortschritte zeigen, man kann ein bisschen mogeln. Schadet eh keinem!
Aber vorher gibt die Abgeordnete aus Iowa, Phoebe Frost (Jean Arthur) eine Torte dem Captain John Pringle (John Lund). Sie hatte nie gedacht, dass sie ihn so schnell finden würde. Die Torte ist ein Geschenk seiner Verlobten, die er seit vier Jahren nicht mehr gesehen hat und an die er sicher nicht mehr denkt, wie man unschwer bemerkt.
So wundert es nicht, dass Pringle die Torte gegen eine Matratze für seine Geliebte Erika von Schlütow (Marlene Dietrich) (ein)tauscht.
Erika ist/war eine große Nummer in den Jahren des Krieges, nun hat sie sich wieder arrangiert. Sie singt im Nachtklub "Lorelei". Weil Pringle viel Macht hat, hilft er ihr, damit sie nicht belangt wird. Eine Zweckgemeinschaft, könnte man sagen.
Aber, nun kommt Ms. Frost. Sie, die ihren einzigen Verehrer abgewiesen hat, nur weil er Demokrat war. Sie will hier für Ordnung sorgen. Sie will wissen, wer Erika hilft (die Dame sieht sie zufällig...). Weil Captain Pringle aus Iowa stammt, muss er ein integrer Mann sein. Gerade ihn bittet sie um Hilfe...er soll sie zum Liebhaber der Sängerin führen.
Der muss die Lage retten und macht der Dame vom Land schöne Augen. Sie versucht sich zu wehren, doch, wo die Liebe hinfällt, da bleibt sie, wenn man aus Iowa kommt.
Ms. Frost hat ihre Berufung ganz vergessen, sie geht lieber aus, ihre Kollegen sind ihr...Zwar sucht sie nach dem heimlichen Liebhaber, hat auch einen Namen...Johnny (John), naja, viel hilft es ihr nicht. Auch Cp. Pringle heißt John, aber auch Colonels Plummer (Millard Mitchell) zweiter Name ist John (Rufus der erste)...
Die fünf Tage gehen rasend schnell vorbei. Pringle meint, er muss sie überstehen, dann geht er zur Tagesordnung zurück. Er hat die Rechnung ohne Ms. Frost, ohne Erika und ohne seinen Vorgesetzten Col. Plummer gemacht.
Ms. Frost ist so verliebt, dass sie für ihren John eine Heimreise bewirkt hat. Plummer will, dass Pringle in Berlin bleibt, man weiß schon lange um seine Affäre mit der Sängerin, sie kennt einen Mann, den die Amerikaner suchen. So muss er jetzt bei Erika bleiben, ob er will oder nicht.
Als Ms. Frost bei einer Razzia erwischt wird (sie liebt "Lorelei" inzwischen), hilft ihr Erika. Aber, sie wird auch erfahren, wer der Unbekannte in Erikas Leben ist.
BILLY WILDER UND SEINE FILME:
Ach, man könnte Bücher darüber schreiben, wie Wilder seine Komödien drehte. Die Situationskomik war/ist vom Feinsten. Man muss lachen, und zwar auch dann, wenn man weinen könnte. Er gibt seinen Darstellerinnen eine Rolle und lässt sie einfach machen. So scheint es so leicht...was natürlich eine harte Arbeit ist. Und, nie darf man vergessen, dass Wilder genau wusste, wer/wie/ was spielen kann. Er drehte auch andere Genres, doch die komische Ader war sein Metier...
Ich liebe Jean Arthur, die in jede mögliche Falle stolpert, die nur zwei Tage gebraucht hat um am Schwarzmarkt einzukaufen, die eine Berlinerin wurde, aus einer Landpomeranze hat sie sich in eine eine Femme fatale verwandelt. Sie wirkt zuerst streng, ist wie eine alte Lehrerin, die vergessen hat, dass der Mund auch zum Lachen ist, dann singt sie das Iowa-Lied, ein Lied, das wahrlich nicht besonders ist...
Aber, sie schmettert die Noten mit einer Inbrunst, dass man glatt vergessen könnte, WER die Sängerin ist.
Sie bewegt sich wie ein "altes Mädchen", angezogen in einem langen schwarzen Kleid (und geschminkt!) könnte sie fast als Bardame durchgehen...Die Kamera folgt ihr, zeigt ihr Gesicht in den Langaufnahmen, ihre Gesten, Wilder lässt seine Darstellerin mit der Kamera spielen, als seien sie allein...Das macht er PERFEKT!
Neben ihr verblassen alle andere Darsteller*innen.
Wilder macht seine Filme meistens für EINE Frau, Shirley MacLaine, Audrey Hepburn, Marilyn Monroe...um nur einige zu erwähnen, die in seinen Komödien spielten...aber, er gab dem Team auch seinen Platz. Marlene Dietrich hatte es nicht leicht 1948 die Rolle einer Deutschen, die für N*** arbeitete, zu verkörpern. Sie war schon seit Jahren weg aus Deutschland.
Die Rollen der Männer bleiben mehr im Hintergrund, sie sind eine gute Kulisse, sie geben die Losungswörter, damit ein perfekter Gespräch entsteht.
Wilder vergisst NIE viele Weisheiten in "leichte Form" zu verstecken...
Der Film aus dem Jahr 1948 ist einer DER Filme, die man nicht vergessen wird. Natürlich ist die Technik nicht so gut, BluRay ist sogar sehr sehr gut. Die dunkle, tiefe Stimme der aparten Dietrich, die Lieder, die man kennt, die damals (wie heute) aktuell waren.
Nichts hat die Geschichte verloren...man darf nur nicht vergessen, Wilder brauchte keine Kulissen, Berlin sah so aus...nicht nur die Stadt. Die Wunden waren groß, das Leben schwer...manchmal nicht auszuhalten...
Und da kommt ein Mann aus Hollywood, der einmal Samuel Wilder hieß, und in Galizien (K.u.K) Monarchie geboren wurde, und zeigte uns...es geht weiter, immer wieder.
Mit Humor, mit Lächeln sogar leichter. Stunde um Stunde...man soll weitermachen.
Auch jetzt, es wird wieder...ein Wilder-Film hilft uns zu entspannen, wir brauchen es.
10 Sterne...und danke an ALLE...
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